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Wann ist der Kontakt mit dem Kunden verloren gegangen? Zurück zum Kunden mit Customer Development

Wie bekomme ich ein Produkt, das der Kunde wirklich will? Horrende Summen werden jährlich für Innovationen ausgegeben, die im Endeffekt dann doch keiner haben will. Ein Großteil der Industrie entwickelt und tüftelt still im Kämmerchen an neuen, besseren und schöneren Produkten und alle wundern sich am Ende wieso sie keiner nutzt oder kauft. Oft wird durch ein zu festes Mindset am Markt vorbei entwickelt. Was viele immer wieder vergessen: Es sind die Bedürfnisse des Kunden die es zu erfüllen gilt. Und die erfahre ich am besten wenn ich ihn ganz einfach selber frage! Dies ist der Kerngedanke von Customer Development – anders als im klassischen Ansatz, bei dem erst entwickelt und dann getestet wird, soll bei Customer Development schon vor der Produktentwicklung mit dem Kunden gesprochen werden um seine Bedürfnisse herauszufinden. Weiß man diese erst einmal, ist es um einiges leichter ein Produkt zu entwerfen, welches der Kunde am Ende auch kaufen wird. Übergeordnetes Ziel ist, ein innovatives Produkt auf den Markt zu bringen, Kunden an sich zu binden und überhaupt den richtigen Markt zu finden.

Woher kommt Customer Development?

Customer Development wurde von Steve Blank, Unternehmer und Professor für Entrepeneurship an der Stanford University, in den 1990ern entwickelt. Ihm fiel auf, als er gerade einem an einem Buch über seine Erfahrungen als Unternehmer im Silicon Valley schrieb, dass die Abläufe in Startups Muster haben und oft den gleichen Prozessen folgen allerdings nicht immer mit einem bestimmten System. Dies beschloss er zu ändern und entwickelte das Customer Development, mit dem es Startups möglich sein sollte, wiederholbare und skalierbare Geschäftsmodelle hervorzubringen. In zwei Büchern beschreibt Blank die Methodik von Customer Development. Customer Development gehört zum übergeordneten Lean Management, welches allerdings erst später und auf Basis des Customer Development entstanden ist.

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Die vier Phasen von Customer Development

In einem der beiden Bücher, dem Startup Owner’s Manual, wird die empfohlene Vorgehensweise in vier Schritte unterteilt.

Customer Discovery

Im ersten Schritt sollte die Grundidee bereits vorhanden sein. Denn diese heißt es nun zu testen! Der Schritt Customer Discovery teilt sich ebenfalls in Unterpunkte auf.

  • Hypothesen aufstellen: Die ursprüngliche Vision, der Kerngedanke muss in sogenannte Hypothesen niedergeschrieben werden. Die Hypothesen sind die Hauptannahmen auf denen der Unternehmensgedanke beruht. Sozusagen sind sie das Rahmenwerk der Geschäftsidee. Eine gute Methode um diese Hypothesen aufzustellen ist das Business Model Canvas von Alexander Osterwalder. Durch Business Model Canvas lässt sich ein anfängliches Geschäftsmodell schnell und übersichtlich darstellen und berücksichtigt dabei alle Kerngeschäftsfelder.
  • Problem validieren: Hat man erst seine Grundfeste errichtet, gilt es nun diese zu testen. Und das geht nicht effektiver als außerhalb der eigenen Unternehmenswände – frei nach dem zentralen Leitsatz von Customer Development „Getting out of the building“. Denn der Kunde befindet sich überall anders, nur nicht im eigenen Büro. Mit ihm muss Kontakt aufgebaut werden, seine Wünsche und Probleme müssen erkannt werden. Für ihn muss Empathie aufgebaut werden. Denn nur wer verstanden hat, was der Kunde wirklich braucht, der kann ihm das auch liefern. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass es kein Verkaufsgespräch oder eine Befragung ist, sondern ein ganz normales Gespräch. Denn der Mensch neigt dazu, einen „angenehmen“ Gesprächsverlauf zu wählen und Probleme nicht offen auszusprechen wenn er merkt dies könne sein Gegenüber verletzen. Und wenn der Kunde seine wahrhaften Probleme nicht preisgibt oder Zweifel an meinem Produkt äußert, kann ich dieses auch nicht verbessern. Der Interviewpartner sollte ganz offen von konkreten Problemen berichten können, die er für sich im Alltag festgestellt hat. Essenz aus dem Ganzen: Führen Sie eine ganz normale Unterhaltung! Außerdem gehört eine ganze Portion Mut dazu sein noch nicht fertiges und perfektes Produkt zu präsentieren und kritisieren zu lassen! Tipps und Tricks zu dem Thema gibt es auch in dem Videokanal von LIFFFTInc.
  • Minimum Viable Product: Mit den Erkenntnissen aus den Kundengesprächen, kann man sich nun auf eine erste Version seines Produktes stürzen. Ein Prototyp, in der Sprache von Startups ein Minimum Viable Product (MVP), der die Funktionalität des letztendlichen Produktes beweist soll „gebaut“ und an den Kunden getestet werden. Der MVP ist deutlich günstiger als das fertige Produkt und hat den Vorteil, dass vor einer großen Produkion festgestellt werden kann, ob die Bedürfnisse der Kunden tatsächlich mit der Lösung befriedigt werden. Mögliche MVP’s sind Simulationen, Modelle, 3D-Drucke oder Teile gefertigt durch Rapid Prototyping.
  • Go on or Pivot: Stellt man fest, dass das eigene Produkt den Ansprüchen der Kunden nicht genügt und sie dieses nicht kaufen würden, muss man seinen Kurs entsprechend wechseln und sein Produkt neu definieren. So durchläuft man immer wieder diese Iteration. Läuft alles super: weitermachen!

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Customer Validation

Der zweite Schritt im Customer Development Prozess ist die sogenannte Customer Validation. Sind die Bedürfnisse der Kunden erkannt, das Problem verstanden und der MVP durch Tests bei einzelnen Kunden gut angekommen, ist die nächste Aufgabe zu beweisen, dass sich das Geschäftsmodell auch mit vielen Kunden bewährt. Dazu sind mehrere „Beweise“ zu erbringen:

  • Bestätigter MVP: Das Produkt besteht vor vielen Kunden. Die Kunden erkennen den Wert des Produktes und sind bereit es zu kaufen. An dieser Stelle kommt es manchmal dazu, dass eine sogenannte „High-Fidelity“ Version des MVP gebaut wird. Dieser erweitert die Grundfunktionen und lässt sich bereits an Kunden verkaufen die besonders großes Interesse an dem Produkt haben
  • Marketing und Sales Roadmap: Der Verkauf der Produkte muss selbstverständlich vorbereitet werden. Dafür müssen Marketing- und Saleskanäle aufgebaut werden (Website, E-Commerce, Broschüren
  • Skalierbares Geschäftsmodell: Das Geschäftsmodell muss natürlich ebenfalls beweisen, dass es mit vielen Nutzern und großen Zahlen ebenso funktioniert. Nur so kann das noch junge Startup zu einem großen Unternehmen werden.

Customer Creation

Im dritten Schritt geht es dann ans Eingemachte. An dieser Stelle wird oft viel Geld ausgegeben und das Geschäft ans Laufen gebracht. Vertriebs- und Marketingkanäle werden ausgebaut um in einer kurzen Zeit möglichst viele Kunden zu erreichen. Es geht hierbei in erster Linie nicht mehr um das direkte Gespräch mit dem Kunden und der Definition des Produktes sondern darum, dass der Kunde mein Produkt wirklich kauft! Einen Pivot in dieser Phase zu machen ist meist mit hohen Kosten verbunden. Vor der Customer Creation sollte das Produkt soweit „gereift“ sein, dass man guten Gewissens in sein Produkt investieren kann.

Company Building

Wie der Name schon erkennen lässt, findet hier ein Umschwung von Startup zu einem richtigen Unternehmen statt. Das Startup wächst aus seinen Kinderschuhen zu einem Unternehmen mit einer festen Organisationsstruktur, die das Produkt nach einem bestimmten Prozess bzw. Modell am Markt vertreten.

Viele weitere und nähere Informationen zum How-to Customer Development bietet das Buch „mit Customer Development durchstarten“ von Daniel Bartel und Kamil Barbarksi.

Warum Customer Development?

Als Teil des Lean Startup Framework geht Customer Development wieder zurück zum Kunden, zu den Wurzeln des Unternehmertums. Man hat den Kunden gefragt worauf es ihm ankommt und hat danach seine Produkte entwickelt. Dies ist der Unterschied zu den Verfahren wie es große Unternehmen heutzutage tun. Mit viel Geld in der Hand wird auf Annahmen basierend ein Produkt entwickelt, es wird Market Research unternommen ohne großartig die exakten Bedürfnisse des Marktes herauszufinden. Dadurch kommt es oft zu der Annahme, dass nur weil ein Unternehmen ein besseres, günstigeres oder neuartiges Produkt auf den Markt bringt, dieses auch gleich Früchte trägt. Ob das Interesse am Markt für solch ein Produkt besteht wird häufig außer Acht gelassen. Dies ist es was Customer Development ausmacht! Produkte für Kunden entwickeln und anbieten. Aus diesem Grund ist die Methodik auch nicht nur relevant für Startups sondern adressiert sich nicht minder an große bestehende Unternehmen!

Steve Blank hat in seinem Manifest 17 einfache Thesen aufgestellt, auf welchem Customer Development in seinen Grundzügen basiert. Customer Development in a nutshell sozusagen.

Customer Development optimal organisieren

Der Gedanke von Customer Development ist zweifelsohne ein genialer. Mit und für den Kunden Produkte entwickeln die er wirklich braucht! Vergessen werden darf aber nicht, dass es auch für Customer Development ebenso ein (Projekt-)Management geben muss, welches die Schritte und Prozesse organisiert und ordnet. Von der anfänglichen Idee bis zur Company Building empfiehlt es sich, ein Tool zu nutzen, mit dem alte Stände archiviert werden  können, Aufgaben an Mitarbeiter vergeben werden können und ganz generell das Projekt gemanaged werden kann.

Hat man all die Tipps und Tricks der letzten Seiten verinnerlicht, steht einem Produkt das Kundenwünsche wirklich erfüllt, nichts mehr im Wege. Weitere Informationen zu dem ultimativen Agile Guide finden sie hier: Der ultimative Agile Guide

Steve Blank

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